- Vereinigtes Wirtschaftsgebiet
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Ver|einigtes Wirtschaftsgebiet,1946-49 in Deutschland die von der amerikanischen und britischen Militärregierung verfügte Vereinigung der amerikanischen und britischen Besatzungszone zur Bizone (»Doppelzone«). Das »Vorläufige Abkommen über die Bildung einer deutschen Wirtschaftsverwaltung« vom 5./11. 9. 1946 setzte einen »Wirtschaftsrat« in Minden ein (später »Verwaltungsrat für Wirtschaft«). Die »Gemeinsame Anordnung« der amerikanischen und britischen Militärregierungen vom 10. 6. 1947 schuf die »Verwaltung des Vereinigtes Wirtschaftsgebiet« (Sitz: Frankfurt am Main) mit einem Wirtschaftsrat und einem Exekutivausschuss. In der »Gemeinsamen Anordnung« vom 5. 2. 1948 setzten die beiden Militärregierungen als legislative Organe den Zweiten Wirtschaftsrat und den Länderrat ein. Der Zweite Wirtschaftsrat wurde von den im Vereinigten Wirtschaftsgebiet bestehenden deutschen Ländern (indirekt) gewählt und umfasste 104 Mitglieder: CDU/CSU: 40 Abgeordnete, SPD: 40, FDP: 8, KPD: 6, DP: 4, Zentrum: 4 und WAV: 2. Der Länderrat bildete eine Art 2. Kammer (zwei Vertreter für jedes Land). Der Verwaltungsrat übernahm die Exekutive, der sich aus einem Vorsitzenden (Oberdirektor, H. Pünder) und den Leitern (Direktoren) der einzelnen Verwaltungs-Ressorts zusammensetzte (u. a. L. Erhard für das Ressort Wirtschaft); daneben bestanden u. a. ein Rechnungshof, ein Rechtsamt, ein Statistisches Amt und ein Amt für Heimatvertriebene. Ferner wurden die Bank deutscher Länder und ein »Deutsches Obergericht« geschaffen. Die Tätigkeit der Organe des Vereinigten Wirtschaftsgebiets war dem zur Aufsicht gebildeten Bipartite Control Office der Besatzungsbehörden unterworfen. Am 8. 4. 1949 kam es zum Zusammenschluss mit der französischen Besatzungszone (Trizone). Mai/September 1949 trat die Bundesrepublik Deutschland (als Rechtsnachfolger) in die Rechte und Pflichten der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets ein (Art. 133 GG); das bizonale Recht wurde Bundesrecht (Art. 124 und 125 GG).H. Pünder: Das bizonale Interregnum (1966).IIVereinigtes WirtschaftsgebietDas Potsdamer Abkommen hatte festgelegt, dass ganz Deutschland als wirtschaftliche Einheit behandelt werden sollte. Welch negative Auswirkungen es hatte, dass dies nicht verwirklicht wurde, zeigte sich bereits bei der Versorgungskatastrophe im Winter 1945/46. Die französische Besatzungsmacht lehnte die Errichtung deutscher Zentralbehörden strikt ab. Die USA schlugen daraufhin eine gemeinsame Wirtschaftsverwaltung für die drei übrigen Zonen vor, stießen damit aber bei Briten und Sowjets auf Ablehnung. Nach den Pariser Außenministerkonferenzen forderten die USA am 20. Juli 1946 im Alliierten Kontrollrat unter Bezug auf das Potsdamer Abkommen mehrseitige Verträge zwischen den Besatzungsmächten in Deutschland, um die wirtschaftlichen Probleme zu bewältigen. Während die Sowjetunion den amerikanischen Vorschlag ablehnte und Frankreich sich ausweichend verhielt, stimmten die Briten zehn Tage später zu. Die damit eingeleitete Wende in der amerikanischen und britischen Deutschlandpolitik kam am deutlichsten in der berühmt gewordenen Rede des amerikanischen Außenministers James F. Byrnes am 6. September 1946 in Stuttgart vor deutschen Politikern zum Ausdruck, in der Byrnes bei den Deutschen für die baldige Errichtung eines nichtkommunistischen deutschen Kernstaates warb.Am 1. Januar 1947 trat der amerikanisch-britische Vertrag über die Bildung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes der Bizone in Kraft. Die Organisation der Bizone wurde zweimal geändert; seit Februar 1948 hatte sie folgende Gestalt: Oberstes Organ war der Wirtschaftsrat, eine parlamentarische Versammlung, deren 104 Mitglieder von den Länderparlamenten entsandt wurden. Der Länderrat wurde aus je zwei Vertretern der acht Landesregierungen gebildet; die Exekutive bildeten sechs Verwaltungen (Ernährung und Landwirtschaft, Verkehr, Wirtschaft, Finanzen, Post- und Fernmeldewesen, Arbeit), deren Direktoren vom Wirtschaftsrat gewählt wurden und unter einem Oberdirektor zusammen den Verwaltungsrat bildeten. Wirtschaftlich ergänzten sich die amerikanische und die britische Zone sehr gut. Die britische Zone verfügte v. a. über Rohstoffe und Grundstoffindustrien, die amerikanische v. a. über verarbeitende Industrie; der Anteil der Landwirtschaft war in beiden Zonen etwa gleich groß. Die Bizone umfasste eine Bevölkerung von etwa 39 Millionen Menschen. Amerikaner und Briten hatten sich bei der Bildung der Bizone ausdrücklich auf das Potsdamer Abkommen bezogen und Sowjets und Franzosen zum Beitritt ihrer Zonen aufgefordert. Trotz des Drängens der deutschen Repräsentanten in der französischen Zone vollzog Frankreich erst am 8. April 1949 den Beitritt seiner Zone zum Vereinigten Wirtschaftsgebiet, das damit zur »Trizone« wurde. Im Prozess der Teilung Deutschlands wurden Bizone und Trizone zu Vorläufern bei der Bildung der Bundesrepublik Deutschland.
Universal-Lexikon. 2012.